Staffel 2: Die 5 Kriterien, nach denen Sie einen Headhunter auswählen sollten.

Dr. Friedrich:

Nach allem, was ich bisher erfahren habe, macht es ja Sinn, insbesondere in erfolgskritischen Besetzungen einen Berater mit der Suche zu beauftragen. Aber es gibt ja eine Heerschar von Personalberatern. Woran erkenne ich denn einen guten Berater? Nach welchen Kriterien sollte ich denn auswählen?

 

Herr Mayer:

Da haben Sie tatsächlich die Qual der Wahl. In Deutschland gab es laut BDU, dem Bund Deutscher Unternehmensberater, in 2017 rund 2.000 Personalberatungsunternehmen mit etwa 7.000 Beratern. Darunter große und kleine, bekannte und eher unbekannte Namen, teure Headhunter-Boutiquen und vermeintlich preisgünstige „Vermittler“, solche mit Büros in Shanghai und New York und andere, die von einer deutschen Kleinstadt aus unterwegs sind.

Entscheidend ist: Wer aber passt am besten zu Ihrer spezifischen Besetzungsthematik und woran können Sie dies festmachen? Hier einige Aspekte, die wir in unserer langjährigen Management- und Beraterpraxis als wesentlich erkannt haben.

Einen guten Personalberater erkennen Sie schon mal daran, dass er ein sicheres Gespür für Ihren Kontext und die Herausforderung Ihrer Suchthematik entwickelt. Dazu bedarf es von seiner Seite einer fundierten Vorbereitung auf Ihre Branche und Unternehmen,  Sensibilität für Eindrücke aus Ihrem Kontext beginnend beim ersten Kontakt, punktgenau auf den Kern zielende Fragen, aufmerksames Zuhören und sehr gutes Verständnis für unternehmerische Zusammenhänge und Wertschöpfungsprozesse. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten machen den entscheidenden Unterschied. Stellen Sie Ihren Berater auf die Probe – machen Sie mit ihm den Härtetest. Schließlich kommt es maßgeblich auf Kompetenz und Glaubwürdigkeit an, um die Attraktivität Ihres Themas für die richtigen Persönlichkeiten herauszuarbeiten. Sie wollen schließlich für die Vakanz begeistern und unter den besten Kandidaten im Markt die wirklich passenden herausfiltern. Folgende Kriterien sind aus unserer Sicht bei der Beraterauswahl besonders wichtig:

 

#1 Wie komplex und sensibel ist Ihr Thema?

Suchen Sie Bewerber für die Sachbearbeitung, Experten für die Entwicklungsabteilung, Führungspersönlichkeiten für die Digitale Transformation oder z.B. einen geeigneten Nachfolger als Geschäftsführer und / oder Gesellschafter? Je anspruchsvoller die Ausgangslage in Ihrem Unternehmen, je herausfordernder die mit der Besetzung der Position verbundene Zielsetzung und damit der strategische Hebel für Ihre Firma sind, desto eher sollten Sie auf den Einsatz eines reinen „Vermittlers“ verzichten und auf die Kompetenz eines im Executive Search, also in der Direktansprache langjährig erfahrenen Beraters setzen. Wenn man berücksichtigt welcher Schaden (zeitlich, finanziell) bei einer Nicht- oder Fehlbesetzung entstehen kann und welches Signal dadurch nach innen und außen vermittelt wird, ist Qualität im gesamten Prozess von größter Bedeutung. So sollte Ihnen der Berater Ihrer Wahl auf Augenhöhe begegnen und sich zugleich als Ihr Dienstleister verstehen – schließlich sitzen Sie später bzgl. des Besetzungsziels gemeinsam in einem „Projektboot“.

 

#2 Wie sollte sich der Berater präsentieren und welche Vor-Erfahrung sollte er am besten mitbringen?

Der Personalberater und sein Team sind im Verlauf des Suchprozesses die Visitenkarte Ihres Unternehmens im Markt. Achten Sie daher auf einen zu Ihren Wertvorstellungen passenden Außenauftritt des Beraters Ihrer Wahl – strahlen seine Homepage und beispielhaft von ihm vorgelegte Exposés zu Suchaufträgen Seriosität, Professionalität und umfassende, einschlägige Erfahrung aus? Unterscheiden Sie zwischen Eigen- und Fremdbild – lassen Sie sich nicht von Hochglanzbroschüren blenden. Kann der Berater auf Referenzen vergleichbarer Suchaufträge verweisen? So macht es z.B. einen signifikanten Unterschied, ob man sich im Kontext eines starken Wandels, im Mittelstand oder in einem Konzernumfeld, in einer Traditionsbranche oder einer Start-up Umgebung befindet. Der Personalberater soll Ihr Unternehmen glaubwürdig nach außen repräsentieren und nicht lediglich Ihre Job Description herunterbeten können. Dafür ist auch eine wertschätzende und professionelle Begegnung auf Augenhöhe mit den Kandidaten notwendig. Anspruchsvolle Kandidaten, die für unternehmenskritische Funktionen gesucht werden, erwarten vom Headhunter zu recht kompetente Antworten auf kritische Fragen zu marktrelevanten Entwicklungen des Mandanten. Um das sicherstellen, muss sich der Berater im Vorfeld in die Themen richtig reinknien. Er sollte souverän und klar erläutern, welche Auswirkungen zum Beispiel technische Innovationen, der Eintritt neuer, disruptiv agierender Wettbewerber, oder Änderungen in der Rechtsprechung auf das Unternehmen und die Position haben können .

Sprechen Sie mit dem Berater deshalb über aktuelle Entwicklungen in Ihrer Branche und fragen Sie ihn nach seiner Meinung hinsichtlich möglicher Konsequenzen auf Ihr Unternehmen. Spannen Sie den Bogen zur anstehenden Vakanz und fragen Sie, welchen Zielbeitrag ein Idealkandidat in diesem Zusammenhang leisten und welche Kompetenzen er dafür in fachlicher und persönlicher Hinsicht benötigt. Aus seinen Antworten können Sie erkennen, welches praxiserprobte Kontextverständnis der Berater tatsächlich mitbringt. Müssen transformatorische Aufgaben vom Kandidaten bewältigt werden, kann es auch Sinn machen, Erfahrung und Netzwerk zum Beispiel bei Restrukturierungs- und Turn-around-Projekten oder der Umsetzung von Wachstumsstrategien abzufragen.

Wichtig ist, dass der Berater ihr spezifisches Problem mit all seinen Facetten versteht, die Zusammenhänge erkennt und Lösungswege aufzeigen kann. Suchen Sie sich keinen „Ja-Sager“ sondern einen konstruktiv-kritischen, vertrauenswürdigen Partner, einen, der Sie mit seiner speziellen Kompetenz an strategisch wichtiger Stelle wirkungsvoll unterstützen kann. Ein guter Personalberater ist auch hinsichtlich Strategie- und Organisationsentwicklung ein wertvoller Sparringspartner – vor allem, wenn es um die Besetzung im Top Management geht.

 

#3 Muß der Berater Branchenspezialist sein, oder worauf kommt es an?

Während es zum Beispiel für Vertriebspositionen hilfreich sein kann, als Berater über ein tiefes Verständnis der Branche und ein aktiv gepflegtes Netzwerk zu einschlägigen Kandidaten zu verfügen, ist dies bei stärker management-getriebenen Positionen von geringerer Bedeutung. Vielmehr sind hier die eigene Managementpraxis und der branchenübergreifende, unternehmerische Blick des Beraters wichtiger. Der gute Berater wird Ihnen punktgenaue Fragen stellen, Ihnen aktiv zuhören und sich so den spezifischen Kontext Ihrer Besetzungsthematik und die besondere Herausforderung für Ihre Suche konsequent erschließen. Und dies in allen relevanten Dimensionen – fachlich und persönlich. Diese Fragerei mag manchmal anstrengend sein, zeugt aber von einer hohen Identifikation mit dem Projektziel und ist eine Grundlage für effektives und effizientes Vorgehen. In Projekten, bei denen es weniger auf die Vernetzung innerhalb der Branche ankommt, wird Ihnen ein guter Berater in der vorgeschlagenen Suchstrategie auch Zielgruppen von außerhalb Ihres Hometurfs vorschlagen.  Diese Zielpersonen bringen eine andere Sicht auf die Dinge mit, blicken über den Tellerrand und können einem eingefahrenen Betrieb neue Impulse geben. Gerade in Zeiten, in denen etablierte Geschäftsmodelle von agilen Wettbewerbern und disruptiven Technologien in kürzester Frist obsolet gemacht werden, ist eine unverstellte, branchenübergreifende Sicht nicht nur „erfrischend“ sondern sogar geboten, um im Unternehmen die notwendigen Veränderungen anzustoßen. Ich erlebe immer wieder, wie zaghaft manche unserer Kunden in diesem Punkt unterwegs sind und (zunächst) auf Kandidaten bestehen, die aus ihrer angestammten Branche kommen. Klar, eine Beurteilung dessen, was der Kandidat wirklich kann, ist so leichter. Hier kann Sie aber ein erfahrener Berater wirkungsvoll unterstützen. Konfrontieren Sie den Berater doch mal mit der eigentlichen Zielsetzung, die Sie mit der Besetzung der vakanten Position verbinden. Auf welche Referenzprojekte in vergleichbaren Themen kann der Berater zurückgreifen? Überzeugt Sie sein vorgeschlagener Zielkorridor für die Suche oder fehlt da die Kreativität in der Problemlösung? Ein guter Berater hinterfragt, ob vergleichbare Kompetenzen nicht auch in anderen Segmenten gefunden werden können. Bereiche, an die Sie selbst vielleicht noch gar nicht gedacht haben.

Warum kann z.B. der gesuchte Entwicklungschef, der die Transformation des Produktentwicklungsprozesses in Richtung agil vorantreiben soll und damit eher ein „Orchestrator“ eigenverantwortlicher Teams als ein „Oberkonstrukteur“ sein sollte, nicht auch branchenfremd sein? Genau diese Situation hatten wir kürzlich. Es gelang uns für unseren Mandanten, einem Bauzulieferkonzern, einen F&E-Chef aus der Medizintechnik zu gewinnen, der genau diese Persönlichkeit und Kompetenz mitbringt.

 

#4 Erfasst der Berater Ihre Situation? …und kann er sie glaubwürdig transportieren?

Ein guter Berater ist sich darüber im Klaren, dass er im Such- und Auswahlprozess auf anspruchsvolle Kandidaten treffen wird, die verstehen und spüren möchten, auf was sie sich bei einem Wechsel einlassen. Entsprechend wird der Berater von Ihnen erfragen, wo Ihr Unternehmen heute steht, wie die Vergangenheit die aktuelle Situation und Kultur geprägt haben, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen,was sich verändern und was bleiben soll. Er wird nachfragen, welchen Zielbeitrag die zu besetzende Position zur Strategie leisten soll und welche Erfolgshürden auf dem Weg genommen werden müssen. Aus diesem Kontextverständnis wird er mit Ihnen gemeinsam ableiten, welche fachlichen und persönlichen Voraussetzungen der geeignete Kandidat mitbringen muss. Machen Sie den Test. Lassen Sie sich Ihr Thema in seinen Worten beschreiben. Trifft er den Nagel auf den Kopf? Ist er in der Lage die richtigen Worte zu finden, um die passenden Persönlichkeiten im Markt auch emotional zu erreichen? Kann er Ihre „Geschichte“ lebendig und glaubwürdig, ehrlich und authentisch erzählen und den Kern der Herausforderung veranschaulichen? Dies ist die eigentliche Kernkompetenz, die Sie in anspruchsvollen Besetzungsthemen benötigen. Auch und gerade hochkarätige und entsprechend begehrte Kandidaten sind wählerisch. Sie wollen nicht nur die nüchternen Fakten vermittelt bekommen, sondern erspüren, ob der Kontext zu ihren Erwartungen und Fähigkeiten, zu ihrem Führungsstil und ihrer Risikoneigung wirklich passen. Sie wollen emotional erreicht und „angetriggert“ werden. Nur dann werden sie eine Veränderung – nicht zu vergessen häufig aus einer sicheren und anspruchsvollen Position heraus – überhaupt in Erwägung ziehen.

 

# 5 Wie sensitiv kann der Berater die Unternehmenskultur wahrnehmen?

Fragen Sie den Berater was er bzgl. der Kultur in Ihrem Unternehmen bei seinem Besuch vor Ort wahrgenommen hat. Lassen sie sich in seinen Worten schildern, was ihm aufgefallen ist und wofür dies möglicherweise stehen könnte. Dieses Gespür ist eine wichtige Voraussetzung, um als Berater in der vorentscheidenden Phase der Ansprache die Kandidaten mit einer authentisch erzählten, ehrlichen „story“ über die Attraktivität der Position auch emotional zu erreichen.

Dazu ein Beispiel: Einer unserer Mandanten ist der vorhin erwähnte Bauzulieferer. Bei unserem ersten Besuch in der Unternehmenszentrale liefen wir in der Empfangshalle direkt auf eine große Wand mit bunten Bauhelmen aus vielen Ländern zu. Für uns wurde deutlich: Offensichtlich ist es dem Mandanten (bewusst oder unbewusst) wichtig, seinen Fokus auf Kunden und globale Präsenz zu visualisieren. Auch die Freundlichkeit und Serviceorientierung der Empfangsdamen und die Dynamik der uns begegnenden Mitarbeiter des Hauses ergänzte unsere ersten Eindrücke davon, wie dieses Unternehmen so „tickt“. Eindrücke, die wir den Kandidaten in den Gesprächen weitergeben und sie so begeistern konnten.

 

Weiter geht es mit Staffel 3.