Die Unternehmernachfolge – wie Sie einen guten Stabwechsel sicherstellen
Den oder die passende Nachfolger(in) für den Gründer und Geschäftsführer eines Familienunternehmens zu finden gehört sicher zur Königsdisziplin im Bereich Executive Search. Man stelle sich die Situation vor: ein findiger, umtriebiger Unternehmer hat vor vielen Jahren „sein“ Lebenswerk gegründet und kontinuierlich mit viel Herzblut, Schweiß und Entbehrungen aufgebaut. Er kennt jeden Winkel der Firma und viele der Mitarbeiter auch persönlich sehr gut. Über Jahre hinweg hat er die Produkte optimiert, Kundenkontakte aufgebaut und die Prozesse verfeinert. Und nun soll all dies in fremde Hände übergehen? Kann es überhaupt jemanden mit der notwendigen Qualifikation geben? Und was passiert, wenn die eigenen Kinder weder Lust verspüren noch die Fähigkeiten mitbringen das Geschäft zu übernehmen? In vielen Fällen ist der Generationenwechsel eben auch mit einer Übergabe an ein familienexternes Management verbunden.
Laut dem „Aktionsprogramm Mittelstand“ des BMWI ist die Unternehmensnachfolge die zentrale Herausforderung für den deutschen Mittelstand. Der Generationenwechsel ist in vollem Gange. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn stehen zwischen 2018 bis 2022 in 150.000 Familienunternehmen die Nachfolge an. Hiervon werden in etwa die Hälfte familienintern geregelt, 18 % der Unternehmensnachfolgen werden intern mit Mitarbeitern erfolgen. 29% der 150.000 Nachfolgen sollen mit firmenexternen Unternehmern erfolgen.
Doch das wird immer komplizierter, denn der Generationswechsel und der zunehmende Fach- und Führungskräftemangel erschweren es, geeignete Nachfolger „ad hoc“ zu finden.
Es droht ein Unternehmermangel. Hinzu kommt in vielen Fällen eine komplizierte Konstellation in den Führungs- und Kontrollgremien. Wir treffen dann zum Beispiel auf einen familiär geprägten Aufsichtsrat, in dem sich die Familienmitglieder nicht grün sind. Das ist oft in kleineren Unternehmen der Fall, aber nicht nur, man denke an Firmen wie Dr. Oetker oder Aldi.
Die beste Strategie ist es daher, sich frühzeitig und professionell auf den anstehenden Wechsel vorzubereiten. Leider machen das aus unserer Erfahrung nur wenige Geschäftsführer mit dem angemessenen Vorlauf von einigen Jahren. Mit der Hilfe eines erfahrenen Beraters, der ein umfangreiches Kandidaten-Netzwerk mitbringt, können Unternehmer die richtigen Weichen stellen. Sie können so den erfolgreichen Übergang mit dem passenden Nachfolger selbst gestalten und bestimmen. Am Ende gilt bei der Nachfolge das gleich wie im Kunstturnen: Für eine herausragende Kür braucht es auch einen perfekten Abgang.
Der frühere Volkswagenchef Piëch und die holprige CEO Nachfolge nach dem Dieselskandal geben ein warnendes Beispiel. Auch Deutsche Bank, ThyssenKrupp und Adidas haben sich nicht mit Ruhm bekleckert. Eine saubere Nachfolgeregelung ist also selbst für Dax-Unternehmen eine große Herausforderung.[ii] Das soll aber nichts entschuldigen. Auch Mittelständler sollten sich aktiv und frühzeitig mit ihrer Nachfolgelösung beschäftigen.
Für den oder die Eigentümer stellen sich im Rahmen einer Nachfolgeregelung dann folgende typische Fragen:
- Sind die familiären Nachkommen für die Unternehmensnachfolge fachlich und persönlich geeignet? Und wird die Nachfolge überhaupt ernsthaft angestrebt?
- Falls nicht – Wie finde ich den zum Unternehmen und zu mir passenden familienfremden Nachfolger?
- Worauf kommt es mir an, damit ich mit einem guten Gefühl den Stab übergeben und loslassen kann?
- Welche Risiken gibt es und wie lassen die sich managen?
Hier ist nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern Mediator-Fähigkeiten eines erfahrenen Beraters gefragt. Schließlich muss er unterschiedliche, diffuse oder gar versteckter Interessenlagen übereinbringen. Er sollte sich deshalb sehr gut in die bisherigen Gesellschafter hineinfühlen können. Er muss wissen, was Ihnen wichtig ist und welcher „Typ“ mit welchen Eigenschaften als Nachfolger gefragt ist. Denn im Rahmen einer Nachfolgeregelung kommt es besonders auf die charakterliche Passung zwischen Gesellschafter(n) und Nachfolger an. Der Personalberater hat hier eine besondere Vertrauensposition. Bei der Suche und Auswahl einer Führungspersönlichkeit führt er nicht selten ein objektives Benchmarking von familieninternen Kandidaten mit am externen Markt verfügbaren Führungskräften durch. Für Familienangehörige unangenehme Ergebnisse müssen taktvoll aber ehrlich vermittelt werden. Manchmal findet sich kurzfristig auch kein passender Kandidat. Es muss dann ein geeigneter Interim-Manager zur zeitlichen Überbrückung eingesetzt werden bis der endgültige Nachfolger bzw. Nachfolgerin für das Lebenswerk gefunden ist.
Um das unternehmerische Erbe langfristig in eine gesicherte Zukunft zu führen, wird ein guter Berater mit dem Unternehmer u.a. folgende Punkte besprechen:
# Rahmenbedingungen
- Haben Unternehmer und Familie die gleiche Sicht auf die Dinge?
- Wie soll das Unternehmen übertragen werden (Nachfolge in der Familie, externe Geschäftsführung, Einzelperson oder Team, Verkauf, Investor, Stiftung etc.) und aus welchen Gründen?
- Ist ein Übergabezeitraum geplant, und wie soll der aussehen?
- Wann soll das Unternehmen frühestens / spätestens übergeben werden?
# Qualifikation
- Welche Erfahrung sollte ein potenzieller Nachfolger aus dem Unternehmen oder von außerhalb mitbringen. Worauf kann verzichtet werden?
- Welche persönlichen, fachlichen und kaufmännischen Qualifikationen werden benötigt, um das Unternehmen erfolgreich fortzuführen? Ist transformatorische und Change Kompetenz notwendig, um das Unternehmen zukunftssicher zu machen?
- Welche Branchen- und funktionale Führungserfahrung ist zwingend?
- Woran soll das unternehmerische Potenzial eines Kandidaten gemessen werden?
- Welche Wertvorstellungen gibt es und mit welcher Führungs- und Unternehmensphilosophie sollte sich der Nachfolger identifizieren?
# Übergabe
- Welche Schritte der Übergabe sind geplant (steigt der Nachfolger zum Beispiel als „freier“ Manager mit Beratervertrag oder Mitarbeiter ein, gibt es eine stufenweise Beteiligung, Minderheitsgesellschafter)?
- Wie sieht der vorgesehene Zeitplan aus?
Zu einer vollständigen und empathischen Beratung gehören natürlich auch die „weichen“ Faktoren. Welche emotionale Bedeutung hat die Firma für den Unternehmer? Wie stark ist die Bindung und ist er wirklich in der Lage loszulassen? Der Berater sollte als Vertrauter des Unternehmers auch gemeinsam mit ihm beurteilen wie ausgeprägt der Wille eines potentiellen Nachfolge-Kandidaten zur Übernahme ist und woran sich das festmachen lässt.
Nach einer detaillierten Analyse der Ist-Situation wird der Berater zusammen mit dem Unternehmer die Ziele und den Fahrplan der Nachfolgesuche festlegen. Wesentliche Schritte sind:
- Entwicklung einer konkreten Nachfolge-Planung, das heißt Formulierung von klaren unternehmerischen Zielen und Anforderungen an den Nachfolger
- Definition von persönlichen und privaten Zielen für den Unternehmer
- Suche nach dem geeigneten Nachfolge-Kandidaten über Anzeigen und das Berater-Netzwerk
- Auswahl der Kandidaten
- Durchführung von Interviews und Auswahlentscheidung
- Begleitung nach der Einstellung und während der Übergangsphase
Wenn Sie die Nachfolgeplanung angehen, fragen Sie die Berater auf Ihrer Shortlist, wie deren Vorgehen aussieht, ob sie in ihrem Netzwerk regelmäßig mit Persönlichkeiten sprechen, die den Erwerb eines Unternehmens oder eine Beteiligung als Zukunftsperspektive für sich sehen. Treffen sie auf hochmotivierte Führungskräfte mit dem Potential zum Unternehmer? Lassen Sie sich konkrete Beispiele geben.
Letztendlich gehört zu einer vollständigen Begleitung auch die Zukunftsplanung. Welche erfüllende Aktivität kommt für den Unternehmer im Anschluss an die Übergabe? Das ist dann im Zweifelsfall die angenehme Seite der Beratungstätigkeit.